Als Hanskarl im Alter von 16 Jahren, animiert durch einen Bericht in einer Pfadfinder Zeitschrift, mit Karate begonnen hatte, ahnte niemand und am wenigsten er selbst, dass er 60 Jahre später auf ein brillantes Lebenswerk zurückblicken konnte. In seinem Herzen ist unser Sensei im wahrsten Sinne des Wortes  immer ein Pfadfinder geblieben.  Er suchte neue Wege, gründete 1958 das erfolgreiche Karate Zentral Dojo Konstanz,  das Dojo in Oberstdorf, Kempten und Stein im Allgäu und als er mit dem Studium in München begann, das Dojo im Sportverein  SV 1880 München.

Nach seiner aktiven Zeit in der Nationalmannschaft, zurück aus München, beschloss Hanskarl, Karate noch intensiver zu betreiben und zu seinem Lebensinhalt zu machen. Er gründete 1975 das Karate-Fitness-Dojo-Konstanz. SEIN  Karate-Fitness-Dojo. Begonnen hat alles in einer Doppelgarage im Konstanzer Industriegebiet, auf Betonboden, eiskalt, wenig Luxus.

1976/77 folgte der Umzug in die Sonnenbühlstraße. Am 15. September 1979 heiratete er dann seine liebe Frau Tina. So war sein inneres Glück perfekt. Tina, Du standest für ihn immer an erster Stelle. Immer wieder hat er uns gegenüber betont, dass Du ihm stets hilfreich zur Seite stehst und standest.

1982 dann der große Umzug in die Cherisy Kaserne. Wir alle haben die Räumlichkeiten gemeinsam renoviert. Wie oft haben wir später darüber gelacht, wie wir nach den wöchentlichen Arbeitseinsätzen noch beim Bier zusammensaßen und manchmal ziemlich versackt sind.

1995 dann das große Glück, dass die Räumlichkeiten an ein Dojo-Mitglied verkauft wurden und Hanskarl somit ein lebenslanges Mietrecht hatte. Das hat uns alle noch mehr zusammengeschweißt und unsere Karate Familie wurde noch größer und vertrauter. Sein Motto für das Dojo „Harmonie und Friede“ war keine PR-Aktion. Nein, es war seine Lebenseinstellung. Schlechtes Reden über Menschen, Ablehnung , Ausgrenzung, all das war ihm fern.  Er liebte Karate, akzeptierte und schätzte aber auch alle anderen Budo Disziplinen, er sah immer über den eigenen Tellerrand hinaus.  Sein Ziel war, jedem ein Zuhause zu geben, alle gleich zu behandeln, egal welcher Herkunft und welches Ansehen jemand hatte. Für ihn waren alle Menschen gleich viel wert.  Grundsätzlich hat er immer das Gute im Menschen gesehen.

Im Fitness Dojo lebte Sensei Hanskarl seine Leidenschaften aus. Unvergesslich für uns alle die vielen Wanderungen und Nachtwanderungen mit den Kindergruppen oder Erwachsenen in der Natur, Zelten auf dem Mägdeberg oder die Paddeltouren. Die Samurai Wanderungen, barfuß im  Karate-Gi 30 km durch die Natur wandern und zusätzliche Trainingseinheiten, er ließ für uns Träume wahr werden, er tat das, was andere sich nicht trauten. Dazu kamen die unzähligen und unvergesslichen Dojo Fahrten in viele europäische Länder.

Hanskarl  begann sein zweites Hobby, das Skifahren, mit Karate zu verbinden. So fingen die legendären Karate Ski Camps in Gaschurn an, später dann in Sankt Valentin. Immer ist es ihm gelungen, Menschen zu begeistern und um sich zu scharen.

Wohl kaum ein Trainer in der Sportwelt hat seine Schützlinge so geprägt wie er. Neben dem brillanten Karate und hartem Training stand seine Wertevermittlung für Kinder und Jugendliche an höchster Stelle. Das Dojo Kun hat er gelebt und nicht nur vorgelesen. Er war für uns alle Vorbild in allen Belangen. Vor den Meisterschaften hat er uns Mut zugesprochen und wenn es nicht geklappt hat, dann hat er uns wieder aufgebaut. Sein Umsorgen mit Lebensmitteln war legendär. Keine Meisterschaft, ohne dass Hanskarl uns nicht mit Müsliriegeln, Getränken und  Vesper versorgt hatte. Die Eiheiji Trainings für die Jugendlichen und Kampfmannschaften mit den Dojo-Übernachtungen, langen Trainingseinheiten und gemeinsamem Kochen bleiben uns in ewiger Erinnerung.

Ebenso die Jugendlager in Maria im Stein, unvergesslich die Nächte am Lagerfeuer, die Trainingseinheiten im Fluss, auf dem Feld, auf hohen Felsen.

Er hatte ein verblüffendes Namensgedächtnis, er kannte jedes Mitglied mit Vornamen und begrüßte alle mit Handschlag. Seine Herzlichkeit allen gegenüber, die in seine Nähe kamen, all das wird uns fehlen.

Hanskarl war nie ein Geschäftsmann, Geld war für ihn immer ein notwendiges Übel. Wer Karate lernen wollte, durfte dies, auch wenn er keinen Beitrag bezahlen konnte. Für ihn waren die Menschen und die Geselligkeit viel wichtiger.

Seine Sprüche werden wir nie vergessen:

– Wenn es einen Himmel gibt, dann gibt es auch einen Frühschoppen, sonst ist es kein Himmel.

oder

– So jung kommen wir nicht mehr zusammen.

oder

– Wir sind doch nicht zum Vergnügen hier, lasst uns anstoßen.

An den einfachen und spontanen Dingen hatte er Freude.  Am meisten gefiel ihm aber, anderen Menschen eine Freude zu machen.  Seinen Geburtstag feierte er immer eine ganz Woche lang, damit er auch alle zu seinen berühmten Wok Gerichten einladen konnte.

Wie oft kamen wir alle in seinem Training an unsere körperlichen Grenzen, knallhart, wenn wir nur an die Dan Vorbereitungen denken. Sechzig Minuten waren gefühlte fünf Stunden. Im Karate war ihm der Geist wichtig, nicht der sportliche Erfolg. Das ist nur eine Stufe im Karate Leben, hat er immer gesagt. Mit ihm zu kämpfen war eine Herausforderung, er fand immer eine Lücke für seinen gefürchteten Mae geri.

Was wir jetzt verlieren, können wir nicht in Worte fassen. In der vergangenen Woche haben wir alle nur eine unsagbare Leere empfunden. Aber wir können hier ein Versprechen abgeben, dass wir SEIN Dojo in SEINEM Sinne weiterführen werden. Sein Wirken war nicht umsonst, er hat tiefe Spuren hinterlassen, denen wir folgen werden. Die Floskel: „Wir werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren“ greift hier nicht. Niemand von uns wird ihn jemals vergessen können. Er hat uns geprägt und geführt,  wir werden ihn alle in unseren Herzen  tragen. Selbst 10 Jahre nach der Dojo Übergabe an mich, trägt alles, was wir tun, noch seine Handschrift und das wird immer so bleiben. Unser Sensei hat uns irdisch verlassen, sein Vermächtnis und sein Geist bleiben bei uns.

Liebe Tina, liebe Familienangehörige, wir stehen Seite an Seite mit euch, wir lassen euch nicht alleine.

Oss, Markus Rues